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Im Zuge der Nachhaltigkeitsbestrebungen wird die Mobilität ihrer Mitarbeitenden für Schweizer Firmen zunehmend zum wichtigen Thema. Das Zürcher Unternehmen Urban Connect hilft Firmen dabei, diese so einfach wie möglich zu organisieren und damit Kosten, Platz und Emissionen einzusparen.
Eigentlich sollte es ein Café werden. Judith Häberli und ihr Partner Robert Ruttmann hatten sich in Deutschland von den trendigen und gemütlichen Cafés inspirieren lassen. «Damals gab es etwas in dieser Art in der Schweiz noch kaum», erinnert sich Häberli. Ein passendes Lokal war rasch gefunden: An der Josefstrasse in Zürichstand ein Velo Geschäft vor der vermeintlichen Liquidation, welches sich perfekt für ihr Vorhaben eignete. Die beiden suchten das Gespräch mit dem Betreiber. Dieser wollte ihnen das Lokal zwar übergeben, jedoch nur unter der Bedingung, dass sie den Velomechaniker-Lehrling mit übernehmen.
Also machten sich Judith Häberli und Robert Ruttmann Gedanken darüber, ein Velo-Café zu eröffnen und befassten sich mit dem Velo-markt und den sich bietenden Möglichkeiten. In den Beiden begann die Idee zu reifen, anstelle des Velo-Cafés ein e-Bike-Sharing für Firmen anzubieten. Das sie 2013 denn auch gründeten. Auslöser dafür war auch der Klimawandel, den Judith Häberli als übergeordnetes Thema versteht: «Der Klimawandel ist die Krise unserer Zeit, nicht nur die meiner Generation», betont sie. «Wenn wir den nicht in den Griff bekommen, spielt alles andere früher oder später keine Rolle mehr».
Als schicksalshaft für die beiden erwies sich eine E-Mail, die Judith Häberli an den Senior Vice President Engineering bei Google, Urs Hölzle, schrieb. Dieser vernetzte sie mit den richtigen Stellen bei Google Schweiz und legte damit den Grundstein für die Partnerschaft der beiden Unternehmen. Google hätten sie viel zu verdanken: «Ohne deren Wohlwollen und das immer lösungsorientierte Feedback wären wir nie dahin gekommen, wo wir heute sind», sagt Häberli mit Nachdruck. Ihre Gedanken scheinen kurz in die Vergangenheit abzuschweifen, die Stimme ist etwas belegt.
2013 sei die Mitarbeitermobilität für viele Schweizer Firmen noch kein wichtiges Thema gewesen, Google war damit jedoch bereits aus den USA vertraut. Und hat Urban Connect dazu motiviert, ihr System des E-Bike-Sharings weiterzuentwickeln und über das Smartphone einfach zugänglich und nutzbar zu machen.
In den Anfängen war das E-Bike-Sharing eher ein Nebenprojekt für Häberli, sie steckte damals noch mitten im Studium und wurde zum ersten Mal Mutter. Mit der Entwicklung der App nahm Urban Connect jedoch rasant Fahrt auf. Bis Covid die wachsende und sich entwickelnde Firma einholte. Und praktisch zum Stillstand brachte.
Die Covid-Zeit haben die beiden Gründer dazu genutzt, zusammen mit ihrem Team zu überlegen, wohin und wie sich das Thema Firmen-Mobilität entwickeln sollte. Was dazu führte, dass sie ihre Flotte um Elektroautos und E-Scooter erweiterten und diese in die bereits bestehende App integrierten. «Damit haben wir einen Quantensprung gemacht», erinnert sich Häberli.
Heute ist Urban Connect die führende multimodale Mobilitätsplattform in der Schweiz. Das Konzept von Urban Connect ist einfach und klar: «Wir wollen Firmenkunden helfen, die Mobilität für ihre Mitarbeitenden so einfach und günstig wie möglich zu organisieren», erklärt Häberli. Mit den geteilten E-Autos, E-Scootern und E-Bikes würden die Firmen automatisch Kosten, Platz und Emissioneneinsparen.
Gleichzeitig bekommen die Mitarbeitenden «eine coole User-Experience, indem sie in einer einzigen App auf eine vielfältige Palette an Mobilitäts-Optionen zugreifen können», so die Unternehmerin weiter. Das Setting der App kann dabei individuell auf die Bedürfnisse der einzelnen Unternehmen eingestellt werden.
Mittlerweile setzen über 60 Firmen auf die geteilten Mobilitäts-Optionen von Urban Connect. Darunter finden sich neben Google viele bekannte Firmen wie beispielsweise Migros, Swiss, Axpo, Lonza oder Roche. Am Beispiel von Roche zeigt Häberli einen der Nutzen für die Firmen auf: «Die Firmenflotte von Roche wurde früher nur für Geschäftszwecke genutzt, heute können die Mitarbeitenden die Autos gegen eine moderate Gebühr auch privat nutzen».
Das habe einerseits geholfen, die Flotte deutlich besser auszulasten, andererseits konnte Roche die Kosten dafür merklich reduzieren. Für Häberli besonders erfreulich ist die Tatsache, dass bereits über 80 Mitarbeitende von Roche auf den Kauf eines Autos verzichtet oder das private Auto gar verkauft haben, weil sie nun auf die E-Bike- und E-Auto-Flotte von Urban Connect zurückgreifen können.
Letztes Jahr konnte Urban Connect Partnerschaften mit den SBB und mit Post Company Cars eingehen. Dank der Zusammenarbeit mit den SBB können die Mitarbeitenden der angeschlossenen Firmen über die Urban Connect App nun auch geschäftliche oder private öV-Tickets buchen.
Bei Post Company Cars handelt es sich um eine operative Zusammenarbeit. Während Urban Connect für den Unterhalt oder Reparatur arbeiten an seiner E-Bike-Flotte ein eigenes Netzwerk aufgebaut hat, fehlte dieses bisher für die E-Auto-Flotte. Als grösste markenund herstellerunabhängige Flottenmanagerin der Schweiz verfügt Post Company Cars selbst in ländlichen Gebieten über ein weitverzweigtes Netzwerk, auf welches Urban Connect dank der Partnerschaft bei Bedarf für Reparatur- oder sonstige Arbeiten an ihrer E-Auto-Flotte zurückgreifen kann.
Beruflich könnte es für Judith Häberli und ihren Mann Robert Ruttmann also kaum besser laufen. Was auch daran liege, dass sie so-wohl im Geschäft als auch privat als Team super zusammen funktionieren würden und gemeinsam eine unglaubliche Kraft hätten, die ihnen in der Vergangenheit auch schon durch schwierige und harte Zeiten geholfen habe, wie Häberli bekräftigt.
Wie steht es denn mit der Vereinbarung – respektive in ihrem Fall eher mit der Trennung – von Privat- und Berufsleben? Etwas, das nicht immer ganz einfach sei, wie die dreifache Mutter einräumt.«Es braucht sowohl als Paar, als auch als Team und Führungspersonen sehr viel offene Kommunikation», erklärt sie. Und als Paar müsse man den privaten Teil auch schützen. Dabei gebe es natürlich auch positive Aspekte.
«Wenn ich daheim bin, bin ich einfach Mutter.»
Beispielsweise falle das Abschalten sehr viel einfacher, weil es sich zu Hause ganz von alleine einstellen würde: «Wenn ich daheim bin, bin ich einfach Mutter», so Häberli. Die Kinder kümmere es nicht, was im Geschäft laufe. Zu Hause seien ganz andere Sachen und Themen wichtig und würden im Vordergrund stehen. «Manchmal denke ich, dass unsere Kinder uns vielleicht sogar vor einem Burnout bewahrt haben», gesteht Häberli.
Für Häberli müssen die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben mittlerweile nicht mehr ganz so klar getrennt sein. «Früher hätte ich die Kinder nie mit ins Büro genommen, weil ich dachte, privat und Geschäft müsse man trennen.» Mittlerweile sind die Kinder auch hin und wieder im Büro anzutreffen.
Alle drei seien zudem sehr unkompliziert. «Wenn sie beispielsweise mal einer unserer Mitarbeiter vom Training abholt, weil uns kurzfristig etwas dazwischen gekommen ist, ist das völlig okay für sie», erklärt Judith Häberli. Die Kinder würden auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Urban Connect gut kennen.
«Es gibt Momente, in denen ich reflektiere und denke: das ist einfach verrückt.»
Mittlerweile beschäftigen Judith Häberli und Robert Ruttmann rund 35 Mitarbeitende. Was die Unternehmerin hin und wieder immer noch nicht so richtig glauben kann: «Es gibt Momente, in denen ich reflektiere und denke: das ist einfach verrückt», gesteht sie. Von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seien die meisten jeden Tag im Büro anzutreffen, obwohl es keine Office-Pflicht gebe.
Alle würden gemeinsam an einem Strick ziehen. «Ich glaube, das liegt daran, dass wir ein gemeinsames Ziel haben und etwas ändern wollen», reflektiert Häberli. Das Verhältnis untereinander sei ungezwungen und sehr kollegial. «Das macht und gibt viel Freude», sagt sie und ihre Augen leuchten dabei. Gleichzeitig sei es auch eine grosse Verantwortung.
Die Vision des Urban Connect Teams lautet: «Change Mobility, Change the World». Wie nahe ist Urban Connect dieser bereits gekommen? «Das ist klar unser Nordstern – noch sind wir nicht am Ziel angekommen», erklärt Häberli. Die Richtung stimme aber, wie sie weiter festhält.
Dies zeige sich am Beispiel von Roche: «Wenn Riesenkonzerne ihre Mitarbeitermobilität komplett auf unsere Lösung umstellen, und das geteilte, elektrische und multimodale Konzept auch international skalieren, geht es in die richtige Richtung.» Seit diesem Sommer ist Roche auch in Deutschland – in Mannheim und Penzberg – mit Urban Connect unterwegs.
Franziska Frey – www.verkehrsmonitor.ch