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Unternehmensmobilität als Schlüssel zur Verkehrswende

September 19, 2022 4 min Lesezeit
Unternehmensmobilität als Schlüssel zur Verkehrswende

Der Begriff Mobilitätswende ist in aller Munde. Städte kämpfen mit Staus und werden zunehmend aufgefordert, eine Netto-Null-Verkehrspolitik zu initiieren. Doch diese Initiativen sind gerechtfertigt. 39% der gesamten Treibhausgasemissionen der Schweiz stammen aus dem Verkehr, 69% davon aus dem Personenverkehr [1]. Der Verkehr ist in den meisten Industrieländern der größte Verursacher von CO2-Emissionen [2]. Darüber hinaus stiegen die Emissionen des Verkehrssektors in der EU um mehr als 33 % und [3] und 79 % weltweit [4] seit 1990. Daher wird die Dekarbonisierung des Verkehrs wahrscheinlich zum grundlegenden wirtschaftlichen Prinzip der Zukunft werden.

Stagnation im Verkehr

Doch der Wandel ist selten einfach. Das Auto ist längst zu einem mächtigen Symbol für unsere Individualität, unsere Selbstbestimmung, ja sogar für unsere Industriekultur geworden. Deshalb wird die Diskussion um eine Verkehrswende meist besonders emotional geführt. Gerade deshalb lohnt es sich, einen Blick auf die Fakten zu werfen: Im Durchschnitt steht ein Auto in der Schweiz 23 Stunden pro Tag still [5]. Das entspricht einem Nutzungsgrad von nur 4%. Zudem sind selbst beim Fahren meist nur 1,6 Sitze besetzt [6] Das ergibt einen Auslastungsgrad von nur 32%. Nimmt man diese beiden Fakten zusammen, so ergibt sich eine Sitzauslastung von nur 1.3 %. Das ist ein katastrophaler Auslastungsgrad, der eine große Ineffizienz – und damit eine große Chance – darstellt.

Aus diesem Grund haben viele Städte der Verkehrsüberlastung und insbesondere dem motorisierten Individualverkehr den Kampf angesagt. Einige Städte wie Oslo, Paris und Madrid haben das private Auto zumindest teilweise aus ihren Zentren verdrängt. Einige Kommunen spielen sogar mit dem Gedanken, den privaten Fahrzeugbesitz aufzugeben und stattdessen auf Fahrzeugflotten zu setzen. „Benutzen statt besitzen“ ist die Devise. Die Einwohner sind nicht mehr die Eigentümer der Autos, sondern nutzen gemeinsam die leicht verfügbaren Leihwagen. Die Vorteile für die Städte liegen auf der Hand: Mietwagen reduzieren den Bedarf an Parkplätzen, verringern die Zahl der Autos in den Innenstädten und reduzieren als E-Autos auch die Emissionen.

Mobilität-as-a-Service

Agenda für die Verkehrswende ist im Grunde offensichtlich. Die gesamte Schweizer Flotte von 4,7 Mio. [7] Personenwagen kann deutlich reduziert werden. Doch was würde die Menschen dazu bringen, auf ihr eigenes Auto zu verzichten? Die Antwort liegt auf der Hand. Die Alternative(n) zum eigenen Auto müssen ausgebaut, verbessert und benutzerfreundlich vernetzt werden. Dabei geht es nicht um die Frage, ob öffentliche Verkehrsmittel, (E-)Bikes, (E-)Roller oder Carsharing eine einzige Alternative darstellen würden. Es geht um die digital gestützte Vernetzung dieser multimodalen Mobilitätskette mit einfachem Zugang für alle Bürger.

Mobility-as-a-Service ist der Begriff der Stunde. Aber wer bietet diesen Service an? Wir von Urban Connect sind der Meinung, dass Unternehmen und Kommunen eine wichtige Rolle dabei spielen könnten, diesen Zugang anzubieten. Stellen Sie sich ein Unternehmen mit 600 Mitarbeitern vor, von denen 2/3 (d. h. 400) mit dem eigenen Auto zur Arbeit fahren. Anstelle von 400 Autos auf dem Firmengelände könnte das Unternehmen eine multimodale gemeinsame Flotte bereitstellen, die aus 100 E-Bikes, 100 gemeinsam genutzten Pkws und einem subventionierten Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln besteht. Für die gemeinsam genutzten Fahrzeuge – sowohl E-Bikes als auch E-Autos – gibt es einen zentralen Parkplatz, einen Wartungs- und Reinigungsservice und eine benutzerfreundliche App, mit der das gewünschte Fahrzeug jederzeit reserviert, freigeschaltet und nach der Fahrt nahtlos abgerechnet werden kann.

Mobilitätspunkte als Anreiz für eine Mobilitätswende

Mit einem solchen Angebot könnte ein großer Teil der Mitarbeiter ihr privates Auto zu Hause stehen lassen, ohne sich in ihren Mobilitätsbedürfnissen eingeschränkt zu fühlen. So spart das Unternehmen auch individuell zugewiesene Firmenwagen, Parkplätze und reduziert gleichzeitig Scope-3-Emissionen. Darüber hinaus kann das Unternehmen über die App auch ein Mobilitätspunktesystem aktivieren. Das System setzt Anreize für die umweltfreundlichste Mobilitätsoption, je nach Bedarf. So erhalten die Mitarbeiter die meisten Mobilitätspunkte, wenn sie eine Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen, die zweitmeisten Punkte, wenn sie sich für ein gemeinsam genutztes E-Bike entscheiden, usw. Der motorisierte Individualverkehr könnte sogar benachteiligt werden. Die Mitarbeiter sparen die Kosten für die Anmietung eines Parkplatzes, haben immer ein sauberes und aufgeladenes Fahrzeug zur Verfügung und können außerdem aus einer Vielzahl von Fahrzeugen wählen.

Und es ist auch gut für den Arbeitgeber. Er spart Kosten, Platz und Emissionen – und bekommt sogar seine Scope-3-Mobilitätsemissionen angerechnet. Darüber hinaus kann das Unternehmen sogar die Restemissionen ausgleichen, so dass alle über die Plattform gefahrenen Kilometer als klimaneutral zertifiziert werden. Diese Mobilität als Dienstleistung, bei der die Fahrzeuge besser ausgelastet und elektrifiziert werden, könnte ein Beitrag zu einer ökonomisch und ökologisch nachhaltigen Verkehrspolitik sein. Damit wäre vielleicht das Jahrhundert der fossilen Mobilität bald zu Ende.

Robert Ruttmann
Mitbegründer und kaufmännischer Leiter, Urban Connect
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Domas Bartusevicius
Chief of Staff, Urban Connect
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